Freitag, 25. März 2022
Klarheit
Meine Füße liegen bequem auf der Schreibtischecke, das Headset auf den Ohren.
Dank dem Noise Cancellation ist deine Stimme wie ein Kokon um mich herum.
Nichts von außen dringt an mich heran.

Wieder ist unser Gespräch intensiv.
DU bist wieder intensiv für mich.
Den ganzen Abend über denke ich darüber nach, ob es bisher tatsächlich jemanden gegeben hat, mit dem man so sprechen kann.
Alle Themen direkt raus, ohne Scheu.
Immer in dem Bewusstsein, dass es (man) in Ordnung ist.
Einzig allein meinen Batz lasse ich raus, weil ich nicht belasten will und weil es selbst für mich noch nicht ganz klar ist.

Wie intensiv es ist merke ich, als allein ein Wort; zwei Buchstaben ausreichen, damit du Nuancen wahrnimmst.
Unscheinbare Nuancen, die doch das Spektrum dahinter aufzeigen.
Da ist es wieder. Das Gefühl nackt vor dir zu stehen und doch nicht nackt zu sein.
Du nennst es klar sein.
Klar gegenüber dem anderen.
Klar in der Kommunikation.
Klar im Wesen für den anderen.

Ich mag das Wort sehr.
Dennoch frage ich mich, ob es nicht Sehnsüchte oder weitere Träumereien weckt.
Wir haben das nicht in unserem jeweiligen Alltag.
Nur in gestohlenen Stunden dazwischen.
Was ist, wenn dir oder mir das irgendwann nicht mehr reicht?

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Donnerstag, 17. März 2022
Wie ein See
Das Bett längst erkaltet, dein Geruch aus den Laken längst verblasst.

Dennoch sind die Bilder, die Begeisterung unserer gemeinsamen Zeit noch sehr präsent.

Heute hast du unter anderem ein Bild eines ruhigen Sees als Symbol gezeichnet.
Ich muss hier dann immer an mein Lieblingsseefoto denken. Ich glaube, das habe ich dir sogar schon mal geschickt.
Und auch dein Wunsch nach einem Haus am See geistert durch meine Gedanken.

Wild, stürmisch, kühlend, nachdenklich, ruhig - passende See Bezeichnungen.
Ich glaube, wir können uns all das ganz gut gegenseitig geben in unserer Zwischenzeit.
Mag ich sehr.

Auch mag ich das Geplänkel danach sehr.
Die Nachfrage, ob es dem anderen gut geht; man gut Zuhause angekommen ist.
Selbst deine Grenzüberschreitungen, wenn du uns Paar nennst, kann ich dann ganz direkt und im Brettverfahren parieren.
Nie verletzend, aber trotzdem direkt und oft genug auch mit einem Lachen.

Während ich dir deine Schulter massiere frage ich mich, warum du niemanden oder wenige davor jemals so an dich rangelassen hast. Und ich meine das nicht körperlich.
Da wurden dir ein paar echt tolle Möglichkeiten genommen.

War deine dir sonst innewohnende Neugier nie groß genug?
Oder war s einfach bequemer, der stille See zu sein?

Einschlafgedanken für heute.

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Mittwoch, 16. März 2022
Eintauchen
Während ich gestern vor den ersten Regentropfen Zuflucht suchend unter einem Treppenvorsprung stand, der sepiagetränkte Himmel die Augen schmerzen ließ, umkreiste mich deine Stimme wieder.

Wie viele Stunden wir wohl in all den Jahren schon am Telefon miteinander verbracht haben?

Seit gestern denke ich erneut darüber nach, womit man es bloß geschafft hat, über ein Jahrzehnt nur durch eine Stimme so eingenommen zu werden.
Ein bisschen skurril ist das ja allemal.

Was lässt uns voneinander nicht loskommen?

Stimmfarbe. Sprechweise. Wortwahl. Stimmfrequenz. Dialekt.
All das ist nur ein geringer Anteil des Klebers.

Dazu kommt noch Inhalt, Gedankenanstöße, Frechheiten, Ehrlichkeit, Wahrnehmung.

Tatsächlich ist es egal, ob wir einmal oder zigmal in der Woche miteinander sprechen, ich werde dessen nicht müde.

Nach all diesen Stunden bin ich nach wie vor neugierig auf dich.
Nicht nur zwischen den Laken, sondern das Kleid drumherum.

Es schadet meinem Universum, aber es bereichert mich.
Dieses Eintauchen in sein Gegenüber.
Ich versuche im Moment die drei geheiligten Wörter zu vermeiden. Zum Selbstschutz und damit der Meeresbewohner nicht völlig verloren geht in seinem Universum.
Fällt mir nur ziemlich schwer, wenn die körperliche wie auch gedankliche Nähe so extrem ist.
Dass das aus Telefonaten heraus entstehen kann, ist immer noch überraschend und wenig zu begreifen, zu fassen für mich.
Das ist mir so noch nie passiert im Leben.

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